Fahrt ins goldene Flandern

9.-16. Juni 2003

Pfingstmontag, frühmorgens um 7.00 Uhr, brachen wir zu unserer 8-tägigen Fahrt nach Flandern auf. Wir, die 38 Mitglieder der Gemeinde Frieden Christi, freuten uns auf die vor uns liegenden Tage, auf diese letzte Fahrt mit Herrn Pfarrer Summerer und Frau Wehner. Auf dem Programm standen Städte, die wir meist dem Namen nach kannten, von denen wir aber nur sehr wenig wussten. Doch überall hatten wir ausgezeichnete Führungen, perfekt vorbereitet von Herrn Wackerl, der uns selbst in seinem goldenen Bus durch das goldene Flandern kutschierte. Freude und Humor standen als Motto nicht nur über den gemeinsamen Andachten, sondern ebenso über der ganzen Reise. Dazu verwöhnte uns fast immer die Sonne mit herrlichstem Wetter.

Ein wenig zu den Orten, die wir besuchten:

Den Auftakt bildete die Wallfahrtskirche Maria Laach, wo uns zwei Cellisten, die am Wegesrand spielten, mit Musik empfingen. In der Krypta sangen wir unseren ersten Kanon, und anschließend gab es zum ersten Mal Würstchen und Kaffee bei Herrn Wackerl.

Am Nachmittag dann die Stadt Aachen. Viel erfuhren wir über deren Geschichte als Mittelpunkt der abendländischen Welt zur Zeit Karls des Großen. Uns reichte die Zeit nur zur Besichtigung des Kaiserdoms.

Am Dienstag Maastricht. Der Vertrag von Maastricht, Geburtsort des Euro, das war uns ein Begriff. Dass diese Stadt schon im frühen Mittelalter überregionale Bedeutung hatte, konnten wir an dem berühmten Servatiusstift sehen. Unser begeisterter Führer erzählte uns stolz, dass die Kirche vor fünf Jahren vom Papst zur Basilika erklärt worden war.

Weiter ging es nach Lüttich. Der bedeutendste Schatz dieser Stadt ist das große, wunderbar ausgeschmückte Taufbecken in Saint-Barthélemy, das aus einem Stück gegossen ist. Da die Kirche z. Zt. saniert wird, gingen die Erklärungen der Führerin zu ihrem Bedauern leider teilweise im Baulärm unter. Gut zu verstehen war sie wieder bei der Stadtrundfahrt. Davon sind uns vor allem die vielen Papierkörbe im Gedächtnis geblieben. Sie sind als Pfeifen geformt, in Erinnerung an Georges Simenon, den Erfinder von "Kommissar Maigret". Auch der größte Markt Belgiens, der vom Flohmarkt über Lebensmittel und Haustiere alles bietet, wird jeden Sonntag hier abgehalten.

Eine Erklärung für den Ausdruck "stinkreich" erhielten wir im Kreuzgang der Kirche in Tongeren. Nur die Reichen konnten sich in der Kirche beerdigen lassen, die Gräber waren nicht sehr tief und so – stank es! In den folgenden Tagen hörten wir diese Erklärung noch öfter.

Mit Antwerpen – hier blieben wir vier Nächte –, verbindet man den Gedanken an den Diamantenhandel, der auch heute noch eine wichtige Wirtschaftssäule ist. Bekannt ist die Stadt aber auch durch Rubens, der dort lebte. Wir besichtigten sein Haus, die Rubenskapelle in der Jakobskirche und sahen wunderschöne Bilder. Ein Glück, dass der damalige Pfarrer mit den Bilderstürmern eine Übereinkunft treffen konnte, sonst wäre diese Kirche wie viele andere in Flandern zerstört und geplündert worden! In der großzügigen Fußgängerzone geben die ehemaligen Zunfthäuser mit den Wahrzeichen oben am Dachfirst einen Eindruck vom Reichtum der Stadt. Ihr Name soll übrigens von "Hand werfen" kommen. Die wunderschöne Statue des Brabo, der den Riesen tötete und seine Hand in den Fluss warf, ist am Grote Markt zu sehen.

In Gent, der Geburtsstadt Karls V., erfuhren wir wieder viel Geschichte, von der frühen Bedeutung der Stadt am Zusammenfluss von Schelde und Leie durch die Tuchherstellung, von der strengen Bestrafung der Stadt, weil sie dem Herrscher einen Kriegszug nicht finanzieren wollte, von den verschiedenen Bauweisen der Häuser, den "steinreichen" Familien, die sich mehr als ein Holzhaus leisten konnten. Die nach der Bestrafung 1550 neu erbaute Sint-Baafskathedraal ist ein reich ausgestatteter gotischer Bau mit wunderschönen Glasfenstern und dem "Genter Altar". Die Tafeln dieses kostbaren Kunstwerks altflämischer Malerei sollen von Hubert van Eyck begonnen und von seinem Bruder Jan vollendet worden sein. Der 91 Meter hohe Belfried, Symbol der Unabhängigkeit der Stadt, wurde um 1300 begonnen, doch hatten die Einwohner "keine Zeit" (kein Geld), den Bau zu vollenden. So wurde er erst 1913 fertig gestellt.

Am Donnerstag stand Brügge, die alte Hauptstadt Flanderns, auf dem Programm. Diese malerische kleine Stadt mit den vielen Kanälen besitzt mit dem Sint-Jansspital ein Krankenhaus, dessen Gründung in das 12. Jh. zurückgeht. Hier waren die Kranken in einem großen Raum untergebracht, in dem auch gekocht wurde. Die Spitalskirche enthält vor allem Bilder von Hans Memberg. Im Dom der Stadt befindet sich eine echte Michelangelo-Skulptur "Maria mit dem Kinde", bei der unsere Führerin ins Schwärmen geriet.

In Ostende hätten wir gern mehr Zeit gehabt – nur ein paar ganz Schnelle schafften es, die Füße kurz ins Meer zu tauchen.

Eine nachdenkliche Andacht hielten wir in Leke beim Anblick des von Käthe Kollwitz geschaffenen Elternpaars am Soldatenfriedhof, der Vater "vom Schmerz versteinert", die Mutter "von Gram gebeugt".

Auch Ypern erinnert an den Krieg: Im ersten Weltkrieg völlig zerstört wurde die Stadt nach alten Plänen originalgetreu wieder aufgebaut. Wir waren sehr beeindruckt. Am Abend erlebten wir dort noch den Zapfenstreich.

Mechelen, wohin wir am Freitag kamen, sollte im 15. Jh. mit dem Bau des Glockenturms der Sint-Rombouts-Kathedraal den höchsten Turm der Christenheit bekommen. Doch als Wilhelm von Oranien das Baumaterial requirierte, wurden die Arbeiten eingestellt und nie wieder aufgenommen. Heute ist die Stadt berühmt für die einzige Glockenspielerschule der Welt. Dort schauten wir natürlich auch hinein.

Von Brüssel, bekannt als Sitz zahlreicher europäischer Behörden und durch das "Atomium", sahen wir viel bei einer Stadtrundfahrt. Die Stadt platzt aus allen Nähten und überall wird gebaut. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt erlebten wir aber noch ein wenig vom alten Flair, wir besuchten die Kathedrale Saint Michel, die dem Schutzpatron Brüssels geweiht ist und bekannt ist für ihre Glasfenster, und natürlich kamen wir auch zum Manneken Pis.

Am Samstag führte uns der Weg nach Tournai, wo wir die schöne Kathedrale Notre-Dame besichtigten. Interessant ist, wie man hier die Entwicklung der Baustile von der Romanik zur Gotik ablesen kann, da immer wieder ein neuer Teil hinzu gebaut wurde. Über Nivelles und Waterloo kamen wir schließlich nach Dinant.

Der Sonntag begann mit Morgengesang im Bus. Wir fuhren zunächst in das Dorf Celles, wo wir in der kleinen Kirche Saint-Hadelin unsere Morgenandacht hielten. Die Hintergrundmusik aus dem Lautsprecher konnte uns nicht stören.

Danach besuchten wir die Grotten von Han, die größten Tropfsteinhöhlen Europas. Während wir dort auf die Abfahrt des Bähnleins warteten, nützte ein findiger Fotograf die Gelegenheit, setzte jedem blitzschnell einen Kakadu auf die Schulter oder auf den Kopf und machte ein Foto, das man beim Verlassen der Höhle erwerben konnte.

Die Ardennen-Rundfahrt brachte uns anschließend in das Städtchen Saint-Hubert und zur Burganlage von Bouillon. In einem grenzenlosen Europa haben wir dann den kleinen Abstecher nach Frankreich kaum bemerkt. Entlang der Maas fuhren wir schließlich durch eine besonders reizvolle Landschaft zurück nach Dinant.

Die Heimfahrt nach München ging über Luxemburg (noch schnell ein Stopp an einer Tankstelle: "Kaffee und Benzin ist hier so billig!") nach Trier. Noch einmal hörten wir viel über die Geschichte der Stadt, Kaiser Konstantin und seine Mutter Helena, die Konstantinsbasilika und den "Hl. Rock", und natürlich sahen wir auch die Porta Nigra.

Was läßt sich von dieser Fahrt sonst noch berichten?

Wir hatten überall sehr gute Führungen, die meist abwechslungsreich Geschichte, Gegenwart, Kunst und kleine Anekdoten verknüpften. Dicht gepackt waren diese Tage, und wir fielen jeden Abend todmüde ins Bett. Die Hotels waren schön, das Hotel in Antwerpen sogar richtig luxuriös. In der Umgebung dieses Hotels fielen uns immer wieder orthodoxe Juden in ihrer traditionellen Kleidung auf. Wir waren im jüdischen Viertel, und in der Nähe befanden sich mehrere Synagogen. Die jüdische Gemeinde Antwerpens ist die größte in Europa.

Einen besonders eindrucksvollen Gottesdienst erlebten wir am Samstag Abend in der Stiftskirche Notre-Dame in Dinant. Der Pfarrer begrüßte die Gruppe aus München sehr herzlich, und seine Gemeinde freute sich über einen "Frieden-Christi-Kanon".

Das Wesentliche an der Fahrt aber war die gute Atmosphäre. Wir genossen die Mittagspausen mit "Wackerlwürstchen" und freuten uns über die gemeinsam gesungenen Lieder. Ein großes Lob dem Busfahrer, Herrn Wackerl, der auch die schwierigsten Situationen souverän meisterte, und ein ganz herzlicher Dank an Herrn Pfarrer Summerer, der nie seinen Humor verlor, und an Frau Wehner, die uns immer wieder durch "Betthupferl" erfreute.

Karl und Uschi Embacher

Flandernfahrt - Gruppe